2019.12.24 ANTARES 23 E – THE RACE-HORSE

24.DEZ…Da war doch noch was? Ach ja, Heiligabend

Und noch was…über die vielen Jahre, die ich schon in Argentinien fliege, gab es fast jedes Jahr zum Fest eine ordentliche Wellenwetterlage. Als besonderes Schmankerl gibt es diesmal eine Antares 23E als fliegenden Untersatz. Johannes hatte mir schon mehrmals seine Superorchidee angeboten und diesmal will ich deren Qualitäten auf Herz und Nieren prüfen.

Ein ordentliches Briefing, Sauerstoff getankt, Strom an die Ladebuchse angeschlossen, dann die üblichen Rituale, wie Wettercheck, Flugplan, Aufgabe in den Logger, Taxi für 4:40 Uhr bestellt etc., sind bereits am Vortag erledigt.

Am frühen Morgen klettere ich mit Johannes Hilfe in das komfortable Cockpit und bin nur wenige Minuten später in der Luft. Die Vorhersage sieht dem Freitag, dem 13. Dezember sehr ähnlich, ziemlich feucht im Norden, eher trockener im Süden. Sorgen macht mir nur der sehr viel stärkere Wind, der in 7.000 m mit bis zu 100 kt blasen soll, dafür aber am Abend im südlichen Teil fast einschlafen soll.

Der kraftvolle Schub des Elektromotors bringt mein Rennpferd zügig in die Luft. In knapp 700 m Höhe wenige Kilometer westlich des Platzes erwartet mich ein turbulenter Aufwind. Ich stelle rasch das Triebwerk ab. Die Batteriekapazität liegt noch bei 81%, perfekt.

Mittlerweile ist mein Aufwind laminar geworden. Eine dunkelgraue Lenticulariswolke dient mir als Orientierungshilfe und ich steige ganz ordentlich an ihrer Vorderkante.

Um 06:30 Uhr fliege ich in knapp 5.000 m nach Westen ab, um in die erste Wellenlinie zu kommen. Nach immerhin 18 km treffe ich auf das nächste Wellensteigen. Die Wellenlänge passt recht gut zu dem starken Wind. Ich verzichte auf meinen Abflugpunkt, der westlich im Regen liegt und surfe mit hoher Geschwindigkeit entlang der Rotorlinie des Loncopuetals nach Norden. Eine deutliche Nordkomponente bremst meinen Elan, hat aber den Vorteil den Übergang in die weiter östlich liegende Cordillere del Viento ohne Höhenverlust zu ermöglichen. Die Cordillere del Mandolegue bildet sogar eine ausgeprägte Welle mit Steigwerten bis zu 4 m/s aus, die ich in 5.000 m leider etwas voreilig verlasse. Westlich von Chos Malal verliere ich auf  40 km 2.500 Höhenmeter und kriege gerade noch ganz knapp den Einstieg in die mächtige Welle der Cordillere del Viento, die meinen kleinen Fauxpas mit 7 m/s schnell wieder ausbügelt.

Statt dieses Steigen bis auf  8.000 m mitzunehmen, fliege ich weiter Richtung Domuyo, der mir mit einem ergiebigen Fallwind aber nur seine kalte Schulter zeigt.

Die Vorhersage im SkySight war ziemlich zutreffend

Der Weg bis zu der kräftigen Lenti über dem Barrancastal dauert eine gefühlte Ewigkeit. Kein Wunder, der Wind bläst mit über 130 km/h von schräg vorne. Es dauert eine ganze Weile, bis ich den turbulenten Aufwindkanal finde, um wieder in die ruhige Strömung vor der Lenti zu kommen. Im Westen schauert es aus herabhängenden Wolkenfetzen, aber der Weg nach Malargue´ ist völlig frei.

Lentilinie im Rio Grande Tal

Die Rennstrecke des Rio Grande ist durch eine mächtige Lentilinie markiert, die mich im Nu auf 7.500 m katapultiert. Wie eine Leitplanke führt sie mich westlich am Flughafen vorbei. Mendoza Control meldet „No traffic reported“ und gibt mir die Freigabe für den Durchflug des Airways nach Norden. Hier gibt es nur noch vereinzelte Rotorfetzen, die mir den Weg weisen. Kurz vor meiner Wende, der Laguna Diamante bekomme ich die Anweisung auf FL 200 zu sinken wegen IFR-Traffic von Chile. Kein allzugroßes Problem, ich wende im Lee des schwarzbraunen Vulkans Maipu und mache mich wieder in Richtung Süden.

Der Anschluss an meine schöne Wellenwolke gelingt problemlos. Die Nordwindkomponente schiebt mich mit bis zu 350 km/h Groundspeed vorwärts. Mit einem langen Satz setze ich mit hoher Geschwindigkeit über das Barrancastal zur Cordillere del Viento. Die herausragende Gleitleistung des Antares bei Fahrtanzeigen jenseits der 200 km/h-Marke ist wirklich beeindruckend.

Ohne Zeitverzug kann ich die verlorengegangene Höhe im Geradeausflug wiedergutmachen. Nach Süden hat sich eine zweite Wellenlinie aufgebaut, die mich direkt nach Las Lajas führt, wo wieder ein vernünftiger Aufwind steht. Von hier aus kann die 2. Wende im Lee der Catanlilberge problemlos umrundet werden. Es ist 12:42 und ich habe fast 1.100 km abgespult, aber noch knappe 2.000 km vor mir, naja…schau mer mal.

Rennstrecke Longopuetal!

Ich fliege wieder in der ersten Linie des Loncopuetals nach Norden. Der starke Wind und schwächere Steigwerte drücken mächtig auf die Geschwindigkeit. Erst im Rio Grande Tal komme ich wieder auf vernünftige, meiner Aufgabe angemessene Geschwindigkeiten. Die Lenti steht jetzt deutlich weiter östlich und hat an ihrer Mächtigkeit nichts eingebüßt. Trotz des starken Höhenwinds komme ich hier deutlich schneller voran. Nördlich von Malargue´ verlieren sich allerdings die letzten Wolkenzeichen. Eine kurze Überschlagsrechnung ergibt, daß die letzte Wende weit nördlich des Aconcagua zwar machbar ist, die Chance wieder in Zapala zu landen, aber nahezu aussichtslos ist.

Ich entscheide mich, den OLC Kilometern den Vorrang zu geben und rase entlang meines Wolkenparcours bis südöstlich des Vulkan Tromen, ehe ich ein letztes Mal nach Norden schwenke um einen letzten Wendepunkt zu setzen. Noch einmal geht es die schnelle Wellenwand entlang, ehe ich wieder in Richtung Chos Malal abbiege. Die Welle der Cordillere del Viento steht jetzt ziemlich weiter westlich, ein deutliches Zeichen für den vorhergesagten nachlassenden Wind. Der lange Gleitflug bis in die erste Linie der Caviahue-Welle ist immer ein wenig spannend. Frappierend ist heute der dramatische Einbruch des Windfeldes in nur wenigen Stunden. Nur wenige Steigfelder mit sehr kurzem Abstand zum Relief sind auszufliegen. Der Aufwind ist merkwürdig blubberig, kaum noch laminar. Mit meiner Gleitbombe bin ich aber gar nicht mehr auf das schwache Steigen angewiesen. Im Zapala Stadt sind bereits die Lichter an und bei der Landung ist nur noch wenig Bodenwind  zu vermerken. Johannes wartet schon auf mich mit dem Taxi und schnell ist der Flieger vertaut.

Thomas hat ein phänomenales Weihnachtsdinner vorbereitet und bei einer guten Flasche Wein wird angemessen gefeiert.

Im OLC stehen gut 2.700 km und das bei so starkem Wind. Was man mit einer Antares wohl bei idealem Wetter fliegen kann?

Im Nachhinein betrachtet sah der Süden an diesem Tag besser aus als der Norden – hat trotzdem riesig Spaß gemacht!