Es ist ja schon ein paar Tage her, daß unser schönes Wohnmobil auf dem Weg von Calafate nach Bariloche den Geist aufgab. Man kann natürlich nur das Pech sehen, das uns dieses Ungemach bescherte. Doch was für ein Glück, daß nur wenige Minuten später ein freundlicher Argentinier anhält und uns bis zu Freunden in El Bolson schleppt. Und was für ein Glück, daß Martin einen guten Mechaniker kennt, der willens ist, den doch recht komplexen Motor zu öffnen, nachdem er den Fehler in Form eines kaputten Kolbens blitzschnell analysiert hat. Ganz zu schweigen, von der Chance, daß alle notwendigen Ersatzteile in Argentinien verfügbar sind und nach dem Ausbau und Zerlegen des Motors bestellt und schon nach 1 Woche geliefert werden. Naja, die 2 Wochen Wartezeit waren zugegebenermaßen doch recht lang. Was für ein Glück bei Martin und Mariela zu wohnen. Die beiden haben ein kleines Paradies für Gleitschirmflieger aus aller Welt aufgebaut und wohnen mit ihren 2 Kindern mitten zwischen all den Urlaubern mit einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht. Nachdem endlich die Ersatzteile eingetroffen und damit vorerst der Mechaniker wieder dran ist, will ich endlich mal wieder fliegen. Nach einer schönen Busfahrt von El Bolson nach Bariloche fliege ich nach Buenos Aires und von dort aus nach Santiago.
Dort herrscht gerade Ausnahmezustand. Was für ein Glück, daß ich gerade den richtigen Flieger gewählt habe, da zahlreiche Flüge zwischenzeitlich gecanceled sind. Ein Taxifahrer fährt mich wegen zahlreicher Barrikaden mit einigen Umwegen nach Olmue´ . Und wieder Glück, Sergio gibt mir die Nummer unseres Hotelbesitzer, der mich nachts empfängt und mir sogar noch ein komplettes Abendessen serviert.
Zwei Tage verbringe ich noch in der schmucken Hosteria el Copihue. Ich nutze die Zeit, die Stemme zu putzen und gründlich durchzuchecken. Am Mittwoch soll es endlich losgehen. Mittlerweile gibt es kein Benzin mehr zu kaufen, doch Sergio hat noch Avgas. Ich fliege nach Santiago mit der Absicht, nach Zoll und Ausreiseprozedere gleich weiter nach Mendoza zu fliegen. Nach der Landung auf dem mit 3 parallelen Landebahnen heftig frequentierten Verkehrsflughafen folge ich dem „Follow Me“ – Fahrzeug. Kurz vor dem Abstellplatz plötzliches Rattern und Absenken des rechten Flügels. Schöne Bescherung, das rechte Rad ist komplett platt. Ich hebe den rechten Flügel an und mit zwei Helfern schieben wir den Flieger die paar Meter bis zur Parkfläche. Was für ein Glück, daß das nicht auf der Landebahn passiert ist! Ich stelle mir lieber nicht das Chaos vor, das ich damit verursacht hätte.
Leider sind die Mechaniker am Platz wegen des Ausnahmezustands schon weg. Mein freundlicher „Follow Me“ – Fahrer bringt mich aus dem Gewirr des riesigen Flughafens ohne Aufhebens in den öffentlichen Teil. Mit einem Taxi geht es in ein kleines preiswertes Hotel mit richtig gutem Internet.
Ich telefoniere noch mit Sergio, der in unseren Container nach einem Ersatzteil sucht. Was haben wir schon nach Argentinien mitgenommen, was ist noch im Container. Ich weiß es nicht mehr.
Ich schlafe schlecht. Zu viel geht mir durch den Kopf. Die schöne Wellenperiode, die sich auf der anderen Seite der Cordillere aufbaut…. Schaffe ich es noch vor dem zu erwartenden Stau rüberzufliegen? Wie krieg ich den Reifen repariert. Vielleicht mit einem Reifenspray, oder besser nicht? Die Vorstellung auf einer hochfrequentierten Startbahn vor fünf wartenden Jets liegen zu bleiben ist nicht gerade anregend.
Meine Taxifahrerin fährt mich am nächsten Tag zu verschiedenen Tankstellen und einer Gomeria. Kein Reifenflickspray zu erwerben – also nichts wie zum Flughafen. Nach einigem Rumfahren gelingt mir schließlich der Zugang in den Flughafen mit diversen Kontrollen. Ein Kollege des „Follow Me man „ vom Vortag fährt mich zu meinem Flieger. Danach wird’s jedoch wieder zäh. Ein großer Maintenancebetrieb hat zwar sicher das nötige Werkzeug. Aber hier ist alles zertifiziert, für die Stemme hat der Betrieb keine Zulassung. Ich muß erst mal ein Mail mit der Bitte mir einen zugelassenen Werkzeugkasten auszuleihen zu dürfen schreiben – sieht nicht gut aus.
Wieder habe ich Glück. Sergio hat mittlerweile im Container ein komplettes Ersatzrad gefunden. Ich hatte es aus Gewichtsgründen da gelassen. Er bietet sich an, mit entsprechendem Werkzeug und seiner Cessna eben nach Santiago zu fliegen. Eine Stunde später ist er da. Der Radwechsel dauert keine 15 Minuten. Jetzt noch schnell tanken, Zoll und Migration, und los.
Doch wieder ist Geduld gefragt, alles dauert viel länger, als geplant. Endlich sitze ich im Flieger, bitte um Rollfreigabe, nein – mein bei der DFS in Frankfurt aufgegebener und angekommener Flugplan gilt nicht. Raus aus dem Flieger, den gleichen Flugplan bei der Handling Agency novhmals machen. Ganz ruhig… diesmal geht’s wirklich los. Ein „Follow Me“ fährt mich zum Taxiway und in erstaunlich kurzer Zeit bin ich in der Luft.
Jetzt geht es richtig professionell zu. Eine Freigabe nach der anderen wird abgearbeitet. Aufgrund meines Kennzeichens werde ich höflich gefragt, ob ich in Englisch oder Spanisch kommunizieren will. Ich bleibe beim Spanisch. Es ist ein langer Aufstieg entlang der Precordillere. Ein fast 4.000 m hoher Pass südlich des Aconcaguas ist zu queren. Einige recht kräftige Aufwinde lasse ich bewusst stehen. Es ist schon recht spät und ich bin ziemlich sicher, daß die Bürokratie in Mendoza mich auch noch einige Zeit kosten wird. Unter mir winden sich die unendlich vielen Kurfen der Passstraße, die wir vor ein paar Wochen im Bus nach Buenos Aires erleben konnten. Die Basis einiger gut aussehenden Kumuli liegt bei fast 5.000 m. Links geht das Tal zum Aconcagua hoch, auf dessen 7.000 m hohen Gipfel vor 22 Jahren mein Argentinientraum begann. Nach dem Pass geniesse ich im Sinkflug das braunrote Farbenspiel des Uspallata-Tals.
Nach der Landung begleitet mich ein freundlicher Polizist durch den Behördendschungel. Ich bin endlich wieder in Argentinien. Das Abenteuer Welle steht vor der Tür.